Das Museum für Gegenwartskunst in Krakau (MOCAK) befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Emailwarenfabrik Oskar Schindlers.
Der Neubau wurde 2009 nach dem Entwurf der italienischen Architekten Claudio Nardi und Leonardo Maria Proli begonnen.
Aktuell sind neben der Sammlung vier beindruckende Ausstellungen zu sehen:
Nostalgia: Seekers of Fading Stars – Nostalgie: Suchende der verlöschenden Sterne
Alle Künstler*innen sind nach 1980 geboren und untersuchen, wie sich die Gesellschaft durch die Pandemie und den Krieg in der Ukraine verändert hat.
Patrych Staruch: Warten auf den Regen – Die wartenden Figuren werden, wie alle Figuren in der Serie, von harten schwarzen Schatten umrandet. Visuell entsteht der Eindruck einer Collage, konzeptionell ist Vereinzelung und Vereinsamung des Individuums so zum Ausdruck gebracht.
Agata Kus zeigt zwei bemerkenswerte Großformate:
Zwei junge Frauen ziehen eine Linie, nicht die erste – das ist ihnen anzusehen und der Sensenmann sitzt auf der Fensterbank. Oben und unten sind Symbole der Smartphone Kamera dargestellt, kein Zweifel, es ist heute.
Ein Junge, verloren und vor Langeweile angeödet umringt von Partybesuchern seiner Elterngeneration. Sein zu großer Anzug und die Fliege stehen im Kontrast zu seinem sehr jungen Gesicht.
Fabian Knecht „Pfad des größten Widerstandes“
Fabian Knecht, ebenfalls 1980 geboren, engagiert sich in Kiew für eine Hilfsorganisation und spendet den Erlös seiner Werke. Die Einzelausstellung „Pfad des größten Widerstandes“ zeigt Installationen außen am MOCAK und in Innenraum.
Aus bunten Stoffen hergestellte Camouflage Netze und Überreste eines Bomben- oder Raketenangriffs. Die Ziegel sind zu kleinen Haufen geschlichtet und werden von starken Leuchten in Szene gesetzt. Wir im Rest der Welt schauen genau hin, tun wir auch etwas?
Andrzej Żygadło: Full Circle - Vollkreis
Der Künstler untersucht orthodoxe Religiosität, Kultur und mündlich überlieferte Geschichte im polnisch-ukrainischen Grenzgebiet. Die Figuren werden in horizontalen Linien gruppiert, Schreine und auch ein schwarzes Rechteck dazu komponiert. Feinste Ölmalerei in großen Formaten.
Krzysztof Marchlak: Sleeping Beauty – Schlafende Schönheit
Der Fotograf 1987 geboren sucht und findet verborgene Schönheit in seinen Bildern von Drag Queens, fokussiert aber auch die Furcht vor Andersartigkeit, Fremdheit und Veränderung in der Gesellschaft. Ich hatte eine eigenartige interkulturelle Irritation: Dieselben Fotos eines deutschen Künstlers ausgestellt in einem Museum in Deutschland hätten anders auf mich gewirkt. Der Kontext der polnischen Gesellschaft und der PiS-Regierung, medial vermittelte Bilder von Homophobie und nationalem Chauvinismus evozierten Assoziationen wie mutig, gewagt, vielleicht gefährlich für den Künstler und die Modelle. Das Klischee entlarvt sich schnell als solches, denn auch in Deutschland sind fairer Umgang mit queeren Menschen und deren Aktivitäten selten, und oft nicht von Glauben an Vielfalt und Toleranz geprägt.
Diese Reflexion des Eigenen und des Fremden über (nationale) Stereotype wende ich häufig im TRIK-Training interkultureller Kompetenz an. Sich der Klischees bewusst zu werden ist Voraussetzung für einen reflektierten Umgang damit, zu eliminieren sind sie ohnehin nicht.
Wer sich durch qualitativ hochwertige künstlerische Auseinandersetzung mit der polnischen und ukrainischen Gesellschaft konfrontieren möchte, ist im MOCAK an der richtigen Adresse.
